29.04.2010

wir wollen schön sein


sie wollten blühn, 35x35 cm, Textile Texte 2010
Gedicht von Rainer Maria Rilke


Sie wollten blühn,
und blühn ist schön sein,
doch wir wollen reifen
und das heißt dunkel sein
und sich bemühn.


Und wäre es uns möglich weiter zu sehen,
als unser Wissen reicht, und noch ein wenig
über die Vorwerke unseres Ahnens hinaus,
vielleicht würden wir dann unsere Traurigkeiten
mit größerem Vertrauen ertragen als unsere
Freuden. Denn sie sind die Augenblicke,
da etwas Neues in uns eingetreten ist,
etwas Unbekanntes.

Und darum ist es so wichtig, einsam und
aufmerksam zu sein, wenn man traurig ist:
weil der scheinbar ereignislose und starre
Augenblick, da unsere Zukunft uns beitritt,
dem Leben viel näher steht, als jener andere
laute und zufällige Zeitpunkt, da sie uns
wie von außen her, geschieht.

Rainer Maria Rilke

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das ist ja wirklich märchenhaft, genähte Gedichte. Wenn man weiss wie viel Arbeit ein Gedicht gibt und wie viel Arbeit Nähen macht, gibt das ein doppeltes Gedicht. Ein Zwiegedicht so zusagen, frei nach der Wortidee von Zwieback.

Grüsse
die Kieselsteine

Rita Zepf hat gesagt…

oh, danke für die schönen Worte.

Anonym hat gesagt…

Wir wollen blühen, wir wollen schön sein und wir werden daran reifen und l begreifen, ein schönes Gedicht mit viel gewicht jope